Das Reich des Mannes, den sie beim MAD als „Benedikt“ vorstellen, ist vielleicht acht Quadratmeter groß. Es gibt einen Stehtisch, zwei Monitore, an der Wand ein Bild der Skyline von New York City und auf Papier das Sartre-Zitat „Man soll keine Dummheit zweimal begehen, die Auswahl ist schließlich groß genug“.
Benedikt heißt eigentlich anders. Seine Identität soll unbekannt bleiben, denn er ist Agent beim Militärischen Abschirmdienst (MAD), dem Geheimdienst der Bundeswehr. Das Sartre-Zitat, das bei ihm hängt, es könnte auch als Leitspruch für das gesamte Amt dienen.
Beim Militärischen Abschirmdienst sind nämlich ein paar Dummheiten begangen worden. In wenigen Jahren ist offensichtlich geworden, dass der Nachrichtendienst insbesondere den Rechtsextremismus unterschätzte. Soldaten, die „Heil Hitler“ rufen, sich mit Waffen eindecken und die aktuelle Regierung als Gefahr ansehen. Als der MAD endlich mitbekam, was da passierte, sprach er zunächst von Einzelfällen. Doch auch da lag er daneben: Viele dieser Soldaten kannten sich nämlich, persönlich oder über digitale Chatgruppen. Einer von ihnen war Franco A., der jetzt als erster Soldat wegen Terrorverdachts vor Gericht steht.
Der Staat hatte also keine Ahnung, wie viele seiner Feinde Uniform tragen. Erst seit einem Jahr spricht die Bundesregierung davon, dass der Rechtsextremismus aktuell die größte Gefahr für die Demokratie darstelle. Dass dies so lange gedauert hat, ist auch ein Versäumnis des MAD. Und deshalb ist er angezählt. Was aber macht der wohl verschlossenste deutsche Geheimdienst tatsächlich? WELT wurden ein paar Türen geöffnet, die der Öffentlichkeit bislang verborgen blieben – so wie jene zum Büro des Beschaffers Benedikt.
Männer und Frauen wie er besorgen Informationen, den Rohstoff der Nachrichtendienste. Auf seinem Tisch liegen allerhand Dokumente, die er aber für den Besucher verdeckt hat. Wie viele Beschaffer es beim MAD gibt? Auch das ist ein Geheimnis.
Bereits dieses Gespräch ist eine Ausnahme: Benedikt darf mit Journalisten darüber reden, was er hier, in der Konrad-Adenauer-Kaserne in Köln-Raderthal, Tag für Tag macht: wie er zu Extremisten und Verfassungsfeinden in der Truppe ermittelt. Und das läuft so: Ein Hinweis, oft anonym, geht ein, er wird auf Stichhaltigkeit überprüft; Benedikt checkt die Personalakte, eigene Informationen werden mit denen anderer Nachrichtendienste abgeglichen. Wenn nötig, wird eine elektronische Überwachung beantragt. Sollte unmittelbar Gefahr im Verzug sein, werden sofort die Polizeibehörden alarmiert.
