Wer verstehen will, warum der Plan von Horst Seehofer gerade nicht wahr wird, der kann mit Matthias Hofmeister aus Wiesbaden reden. Hofmeister ist Jurist, er leitet die Abteilung Ordnungswesen im Ordnungsamt der Stadt. Seine Stimme am Telefon klingt ruhig. Zu seiner Abteilung gehört das Sachgebiet „Waffen, Jagd, Sprengstoff, Fischerei“ – es ist die dortige untere Waffenbehörde. Hofmeister und seine Leute entscheiden, wer eine Waffe besitzen darf. Und wer nicht.
Innenminister Seehofer stellte vor fast zwei Jahren ein neues Gesetz vor. Er sagte: „Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten!“ Es war so ein typischer Politikersatz. Klang richtig, absolut nachvollziehbar. Hofmeisters Welt aber ist nicht so eindeutig, wie Seehofer sie erscheinen lässt. „Ein Waffenverbot muss wasserdicht sein“, sagt der Beamte. Und dieser Nachweis wiederum ist alles andere als einfach, wie eine Recherche von WELT AM SONNTAG zeigt.
Die Zahl der Extremisten mit waffenrechtlicher Erlaubnis ist seit dem Inkrafttreten des Gesetzes weiterhin hoch. Laut der Recherche sind es im Bundesgebiet aktuell mehr als 1000 Extremisten, davon mehr als 900 Rechtsextremisten oder „Reichsbürger“. Es ist die ganz legale Bewaffnung der extremen Rechten. Wie konnte das passieren?
Um das zu verstehen, muss man zurück in den Februar 2020 gehen: Zehn Menschen und dann sich selbst hatte ein Mann bei seinem rassistischen Terroranschlag in Hanau erschossen. Die Tatwaffe hatte er legal besessen. Das Waffenrecht wurde nur wenige Tage vorher verschärft, Seehofer kündigte in Hanau weitere neue Regeln an.
Die Bestimmungen des Gesetzes müssen von den Waffenbehörden vor Ort umgesetzt werden. Dazu gehört seit der jüngsten Reform auch, dass sie beim Ausstellen von Waffenerlaubnissen und danach alle drei Jahre beim Verfassungsschutz abfragen müssen, ob es sich beim Antragsteller um einen Extremisten handelt.