Comeback in Kabul

Ein Behördengang bei den Taliban kann so aussehen: Als der 28-jährige Sajjad Sangar auf dem Bürgeramt in Kabul in der Schlange steht, um die biometrischen Aufnahmen für seinen neuen Pass zu machen, erschrickt er plötzlich. „Da führten die Taliban einen jungen Mann ab, und es hieß, er habe für den Geheimdienst der alten Regierung gearbeitet.“ Da habe er plötzlich Panik bekommen, sagt Sangar.

„Ich konnte mich kaum beherrschen vor Angst.“ Aber Sangar steht weiter an, bis er dran ist. Weil ein Pass Voraussetzung ist, um Afghanistan zu verlassen. Das haben die Taliban so festgelegt – ohne Pass kommt keiner raus. Aber ob Sangar mit seinem Pass woanders reinkommt, ist mehr als unklar. Weil das Dokument von den Taliban ausgestellt wurde, dürfte es an internationalen Grenzen kaum akzeptiert werden.

Jetzt bereitet die Bundesregierung Schritte vor, um Menschen wie Sangar zu helfen. Das Paradoxe: Auch die Taliban könnten davon profitieren. Nach Informationen von WELT AM SONNTAG scheint die Bundesregierung auf die Taliban zuzugehen, um sich mehr Handlungsmöglichkeiten im Land zu verschaffen. Dazu gehören Maßnahmen, die eine mögliche Rückkehr deutscher Diplomaten ins Land betreffen. Aber auch die Behandlung der Taliban als Terrororganisation durch deutsche Behörden wird offenbar überdacht. Damit könnte Berlin noch besser humanitäre Hilfe im Land leisten. Und es könnte Tausenden ehemaligen Ortskräften der Bundeswehr und deutscher Organisationen helfen, die das Land verlassen wollen – deren Pässe aber zum Teil nicht akzeptiert werden, weil sie von den Taliban ausgestellt sind.

Botschafter Markus Potzel soll nach Informationen aus Regierungskreisen innerhalb der nächsten Wochen erstmals wieder nach Afghanistan reisen. Dort soll er in Gesprächen mit den Taliban unter anderem Möglichkeiten erörtern, wie deutsche Diplomaten wieder im Land arbeiten können, zunächst mit Tagesreisen nach Afghanistan. Das Auswärtige Amt nahm auf Anfrage keine Stellung zu den Informationen. Sicher ist aber: Damit deutsche Diplomaten wieder in Afghanistan arbeiten könnten, müsste sich unter anderem die Sicherheitslage verbessern.

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